Die Kastration beim Hund wird Tierhalter wahrscheinlich früher oder später einmal beschäftigen: Mitunter schon in den ersten Jahren, um eine ungewollte Fortpflanzung zu vermeiden, oder erst in späteren Jahren bei vorliegenden medizinischen Gründen.
Es gibt durchaus eine Vielzahl von möglichen Gründen, bei denen eine Kastration unvermeidbar ist, da sie Bestandteil der Behandlung selbst wird. Wir möchten die Gründe und Symptome zur Kastration beim Hund heute einmal genauer betrachten.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Ein kurzer Blick in das Gesetz: Warum das für die Kastration relevant ist
- 2 Medizinisch notwendige Gründe für eine Kastration bei Hündinnen
- 3 Medizinisch notwendige Kastrationsgründe bei Rüden
- 4 Freiwillige, präventive und nicht medizinisch indizierte Gründe für eine Kastration beim Hund
- 5 Was kann gegen eine Kastration sprechen?
- 6 Sichern Sie sich frühzeitig ab: Die Kastration beim Hund kann teuer werden
Ein kurzer Blick in das Gesetz: Warum das für die Kastration relevant ist
Einleitend möchten wir kurz auf die Regelungen und Vorgaben des Gesetzgebers schauen. Grundlegend ist immer zwischen einer medizinisch notwendigen und einer freiwilligen/vorsorglichen Kastration zu unterscheiden.
Warum das wichtig ist? Weil es den § 6 vom Tierschutzgesetz (TierSchG) gibt. Selbiger schreibt, in vereinfachter Form, folgendes vor: Vollständige oder teilweise Amputationen von Körperteilen und/oder Organen sind untersagt. Genau das passiert bei einer Kastration aber. Ist diese also verboten? Nein, denn es gibt Ausnahmen.
Eine Ausnahme ist die tierärztliche Indikation: Muss der Hund aufgrund einer Erkrankung kastriert werden, ist das natürlich nicht verboten. Außerdem ist eine Kastration erlaubt, sofern es sich um Jagdhunde handelt oder der unkontrollierten Fortpflanzung entgegengewirkt werden soll – sofern es dafür keine tierärztlichen Bedenken gibt.
Zur Verhaltenssteuerung kann eine Kastration ebenfalls eine Option sein, ohne gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen. Auch hier müssen zwei Bedingungen gegeben sein: Es darf keine tierärztlichen Bedenken geben, außerdem müssen schon andere Versuche erfolgt sein, um das Verhalten zu steuern. Ist ein Hund dauerhaft sehr aggressiv und dominant, während andere Maßnahmen schon versagten, käme eine Kastration hier in Frage. Die Akademie für Tierpsychologie hat die ethischen Aspekte der Kastration hier gut zusammengefasst.
Medizinisch notwendige Gründe für eine Kastration bei Hündinnen
Bei einer medizinischen Indikation liegen bereits konkrete Erkrankungen und Symptome vor. Die Kastration ist dann also eine behandelnde Maßnahme, mitunter sogar um das Leben des Vierbeiners zu retten. Nachfolgend stellen wir Ihnen typische medizinisch bedingte Gründe für die Kastration bei weiblichen Hunden vor.
Einer schwedischen Studie nach erkranken 25 % aller unkastrierten Hündinnen in ihren ersten zehn Lebensjahren an einer Gebärmutterentzündung. Selbige kann lebensgefährlich werden. Bei der Kastration werden die Gebärmutter und Eierstöcke entnommen, was zugleich die einzig dauerhafte Lösung bei einer Pyometra darstellt.
Symptome der Gebärmutterentzündung:
- vermehrtes Wasserlassen und erhöhte Wasseraufnahme
- Schlappheit und Fieber
- Appetitlosigkeit, oftmals mit Gewichtsverlust
- eitriger Ausfluss
- Bauchumfang wird größer
Mammtumore sind relativ selten, statistisch treten sie mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 2 % auf. Sofern Hündinnen vor der ersten Läufigkeit kastriert werden, reduziert sich das Risiko für Mammatumore nahezu auf 0 %.
Symptome bei Mammatumoren:
- generelles Unwohlsein
- oftmals ertastbare Knoten
- schmerzende Stellen
- Appetitlosigkeit, Lahmheit und Gewichtsverlust
Zysten an den Eierstöcken können ebenfalls eine Entfernung dieser mit Kastration erforderlich machen. Bei besonders schweren Fällen der Scheinträchtigkeit ist eine Kastration genauso denkbar. Hormonbedingte Erkrankungen lassen sich durch die Kastration vielmals behandeln, wobei hier eine sehr individuelle Abwägung durch den Tierarzt stattfinden muss.
Typische Symptome für Scheinträchtigkeit und viele hormonbedingte Erkrankungen sind:
- Appetitlosigkeit und depressiv veranlagtes Verhalten
- scheinbar grundlose Aggressivität
- übertriebener Verteidigungstrieb
- Nestbauverhalten
- „Bemutterung“ von Gegenständen, die die Hündin als Quasi-Welpen identifiziert
- Hyperplasie der Milchdrüsen
Auch wenn bei einer Scheinträchtigkeit die medizinische Notwendigkeit zur Kastration aus tierärztlicher Sicht begründet ist, sehen das Versicherungen anders. Eine Scheinträchtigkeit ist aus versicherungsrechtlicher Sicht keine Krankheit, sondern es sind lediglich Symptome des Nichtauslebenkönnens der Geschlechtsreife bzw. Paarungsbereitschaft, die der Tierhalter (begründet) verhindert. Aus dieser Betrachtungsweise heraus, wird häufig eine Kostenübernahme der Kastration von der Versicherung verweigert.
Versicherer, die auf eine medizinische Notwendigkeit verzichten und trotzdem eine Kostenübernahme oder zumindest einen Zuschuss gewährleisten, sind demnach als wesentlich zuverlässiger zu betrachten.
Medizinisch notwendige Kastrationsgründe bei Rüden
Hodentumore zählen zu den häufigsten medizinischen Indikationen für eine Kastration vom Hund. Zugleich sind Hodentumore die zweithäufigsten Tumore überhaupt. Typischerweise tritt die Tumorbildung vermehrt ab dem zehnten Lebensjahr auf. Sofern der Hund zugleich schon mit Kryptorchismus diagnostiziert wurde, steigt das Tumorrisiko um den Faktor 10.
Welche Symptome zeigen sich in beiden Fällen?
- Kryptorchismus können Tierärzte über bildgebende Verfahren und durch Abtasten feststellen
- Tumore führen immer zu einem generellen Unwohlsein
- Schwellungen können auftreten
- weitere Symptome wie Aggressivität, Lahmheit und Appetitlosigkeit sind denkbar
Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die die Prostata betreffen können. Die benigne Prostatahyperplasie (kurz: BPH) ist im Regelfall die häufigste Ausprägung. Die Prostata ist dann auf gutartige Weise vergrößert. „Gutartig“ bedeutet hier aber nur, dass kein Krebs vorliegt. Probleme kann selbst eine gutartige Prostatavergrößerung bereiten. Die Kastration beim Hund kann die Symptome lindern und zugleich eine krebsvorbeugende Maßnahme sein.
Welche Symptome treten bei einer Prostatavergrößerung/-erkrankung auf?
- Inkontinenz oder vermehrtes Wasserlassen
- langes Wasserlassen, da sich die Blase nicht wie gewohnt frei entleeren kann
- Probleme beim Stuhlgang, da die große Prostata auf den Darm drückt
- Blut im Urin
- Fieber, Lahmheit, Schmerzen
Freiwillige, präventive und nicht medizinisch indizierte Gründe für eine Kastration beim Hund
Alle eben genannten Gründe sind eindeutig krankheitsbedingt, also medizinisch indiziert. Die nachfolgenden Gründe führen zu einer „freiwilligen“ oder „vorsorglichen“ Kastration, da diese nicht Teil einer medizinisch notwendigen Behandlung ist.
Wichtig: Hundeversicherungen übernehmen normalerweise nur die medizinisch notwendigen Kastrationen. Die Kosten für eine freiwillige Kastration müssen Sie im Regelfall (bis auf wenige Ausnahmen) immer selbst tragen. Realistisch kann diese Kosten lediglich ein Zuschuss, der aber nicht in allen Tarifen enthalten ist, etwas senken.
Frühzeitige Kastrationen können bei Hündinnen das Tumor- und Krebsrisiko, beispielsweise mit Hinblick auf Eierstock- und Mammatumore, reduzieren. Beim Rüden reduziert sich dadurch mitunter das Risiko für Hoden- oder Prostatakrebs. Trotzdem ist diese Kastration freiwillig/vorsorglich, denn eine Reduzierung des perspektivischen Krebsrisikos in der Zukunft ist kein valider medizinischer Behandlungsgrund.
Wer ungewollten Nachwuchs verhindern möchte und beispielsweise einen plötzlichen Deckakt im Park fürchtet, kann die Hündin kastrieren lassen. Züchter entscheiden sich mitunter im späteren Hundeleben ebenfalls für eine Kastration, wenn das Tier nicht mehr aktiv für die Zucht genutzt wird.
Eine Kastration kann, im negativen wie im positiven Sinne, zu einer Verhaltensänderung führen. Die Kastration zur Verhaltenssteuerung ist ethisch aber umstritten und zudem nicht sonderlich präzise. Ein sehr aggressiver Rüde könnte dadurch beispielsweise weniger aggressiv werden – es kann aber genauso auch gar nichts passieren.
Wissenswertes zum Mindestalter und Zeitpunkt der Kastration beim Hund
An dieser Stelle zwei Faustregeln: Erstens reifen kleinere Hunderassen schneller als größere Rassen, wodurch die Geschlechtsreife mitunter etwas früher eintritt. Zweitens ist die Frage nach der Kastration eine individuelle Entscheidung, die immer mit Blick auf das Tier und im Gespräch mit Ihrem Tierarzt des Vertrauens zu treffen ist.
Beim Rüden ist eine Kastration normalerweise frühestens ab dem 6. bis 12. Lebensmonat möglich. Die Empfehlung ist normalerweise, die Geschlechtsreife abzuwarten.
Bei Hündinnen ist der frühestmögliche Zeitpunkt sogar noch umstrittener. Es gibt hier keine klare Antwort: Sie müssen die Situation zwangsläufig individuell mit Ihrem Tierarzt besprechen.
Bei einer medizinischen Notwendigkeit, mitunter sogar in einer lebensbedrohlichen Situation, gilt natürlich: So zeitnah wie nur möglich.
Was kann gegen eine Kastration sprechen?
- vorbelastete Tiere, für die der operative Eingriff mehr Risiko als Nutzen bringen würde
- erhöhtes Risiko für Übergewicht, speziell bei Rüden
- Verhaltensveränderungen können negativer Natur sein
- Knochenwachstum wird bei einer sehr frühen Kastration verlangsamt, was das Risiko für spätere orthopädische Erkrankungen steigert
- Hündinnen, speziell solche von großen Rassen, können nach der Kastration eine Harninkontinenz entwickeln
Wichtige Tipps zur Kastration beim Hund für Hundehalter
Das letzte Wort haben natürlich Sie und der behandelnde Tierarzt. Wir wollen und können dagegen gar nicht argumentieren, deshalb sollten Sie die nachfolgenden Tipps lediglich als eine allgemeine Orientierung und Entscheidungshilfe verstehen.
1. Beim Tierarzt beraten lassen: Ohne geht es nicht, das sollte klar sein. Entscheidungen über operative Eingriffe werden schlichtweg nicht „aus dem Bauch heraus“ oder „vom Gefühl her“ getroffen.
2. Gesundheitscheck durchführen lassen: Speziell bei älteren oder vorbelasteten Hunden besteht durch den Eingriff und die Narkose ein erhöhtes Risiko.
3. Kastration ersetzt keine Erziehung: Bei Verhaltensauffälligkeiten ist zuerst ein Hundetrainer oder Experte hinzuziehen. Die Kastration ist, wenn überhaupt, das letzte Mittel.
4. Alternativen besprechen: Für einige, beispielsweise hormonelle Erkrankungen, gibt es auch Alternativen – zum Beispiel die temporäre, chemisch durchgeführte Kastration. Es lohnt sich, Alternativen zunächst über etwa 1 Jahr auszuprobieren. Außer natürlich, es besteht eine medizinische Notwendigkeit für die Kastration.
Sichern Sie sich frühzeitig ab: Die Kastration beim Hund kann teuer werden
Nicht nur der operative Eingriff (die Kastration), auch die Vor- und Nachbehandlungen verursachen Kosten. Hundekrankenversicherungen und Hunde-OP-Versicherungen mit Kastration übernehmen die Kosten dafür, sofern eine medizinische Notwendigkeit für die Kastration besteht. Sichern Sie sich am besten frühzeitig ab, denn Symptome und Gründe können ganz plötzlich auftreten und sich relativ schnell verschlimmern. Starten Sie gleich unverbindlich und kostenlos Ihren Hundeversicherungenvergleich!